Die Website Internet Archive stellte Tausende sehr alte musikalische Werke kostenlos zur Verfügung. Nun fordern mehrere Musiklabels 372 Millionen Dollar Schadensersatz.

New York (jmb) – Sechs Musiklabels haben das „Internet Archive“ auf Schadensersatz in Höhe von 372 Millionen US-Dollar verklagt. Im Rahmen des „Great 78 Project“ hat die Website seit 2016 über 400.000 digitalisierte 78rpm-Schellack-Platten veröffentlicht, die aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen. Die Alben, zu denen unter anderem Werke von Frank Sinatra, Billie Holiday und Louis Armstrong zählen, stellte das Internet Archive als kostenlosen Download oder Stream zur Verfügung.

Ziel des „Great 78 Projects“ sei „die Erhaltung, Erforschung und Entdeckung von 78rpm-Schallplatten„, heißt es auf der Website. Dabei gehe es vor allem darum, unterrepräsentierten Künstlern und Genres zu mehr Anerkennung zu verhelfen. Die Digitalisierung solle der breiten Öffentlichkeit Zugang zu den Werken ermöglichen, ohne dass die empfindlichen Originalpressungen beschadet würden. Die Aufnahmen seien nicht nachgebessert worden. Das urige Rauschen der Platten ist auch in der Digitalversion zu hören.

Sechs große Musiklabels, darunter Sony, Capital Records und UMG Recording, reichten nun eine Klage gegen die Betreiber der Website ein. Das „Great 78 Project“ sei eine massive Urheberrechtsverletzung und ein „Massendiebstahl„, heißt es in der Anklageschrift. Die „altruistischen Beweggründe“ seien ein reiner Vorwand. Die Aufnahmen stünden bereits bei zahlreichen von den Plattenfirmen autorisierten Diensten zum Streaming oder Herunterladen zur Verfügung.

Keine dieser Aufnahmen laufe Gefahr, „verloren, vergessen oder zerstört“ zu werden. Die Kläger listeten 2.749 Alben auf, die das Internet Archive ohne Erlaubnis veröffentlicht habe. Für jeden der genannten Titel fordern sie 150.000 US-Dollar Entschädigung. Die Auflistung sei jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich gäbe es zahlreiche weitere Urheberrechtsverletzungen.

Das Internet Archive ist ein gemeinnütziges Projekt, das zahlreiche, kostenlos zugängliche Sammlungen digitalisierter Medien umfasst. Die Betreiber der Website wurden bereits 2020 wegen Copyright-Verletzungen verklagt. Im März verloren sie den Rechtsstreit gegen vier Buchverlage, darunter HarperCollins und Penguin Random House.

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